Das Bemessungskonzept

Die Berechnung eines Bauwerks dient dazu, Bemessungsergebnisse zu ermitteln. Die zu ermittelnden Ergebnisse sind material- und normabhängig. Beispielsweise müssen bei Stahlträgern komplett andere Nachweise als bei Betonträgern durchgeführt werden. Ebenso werden zum Beispiel bei der EN 1992 andere Nachweise als bei der EN 1995 verlangt. Es gibt eigentlich keine zwei Normen die komplett gleich behandelt werden können.
Zur einfachen Darstellung des Bemessungskonzeptes wird an dieser Stelle auf Erläuterungen von nichtlinearen Berechnungen verzichtet.

Normen, Materialien und Bemessung

Unsere Programme unterstützen eine Vielzahl an Normen und Materialien. Für jede Norm müssen unterschiedliche Eingaben erfolgen. Dies sind zum Beispiel die Materialkennwerte, die Lastbeiwerte und die Bemessungsparameter. In einem einzelnen Bauteil (Träger, Platte, Stütze...) tritt im Regelfall nur ein Material und somit auch nur eine Norm auf. Ein komplettes Bauwerk besteht hingegen normalerweise aus unterschiedlichen Materialien, die nach ihren jeweiligen Normen bemessen werden müssen.

Wir haben das Bemessungskonzept deswegen in seiner vorliegenden Form entwickelt, um Ihnen möglichst viel Arbeit abzunehmen. In einfachen Fällen minimiert unser Bemessungskonzept den Eingabeaufwand dramatisch, trotzdem ermöglicht es auch die Bemessung von sehr komplizierten Bauwerken.

In diesem Abschnitt erfahren Sie, welche Arbeitsschritte vom Programmstart bis hin zur Bemessung durchgeführt werden müssen.

Das Konzept

An diesen Stellen im Programm kommt das Bemessungskonzept zum Zuge:
  • Anlegen eines neues Bauteils
  • Definition der einzelnen Tragwerksteile (einzelner Balken, einzelner Plattenbereich...) mit Querschnitt und Material
  • Definition der Bemessungsparameter für ein einzelnes Tragwerksteil
  • Definition der Einwirkungen mit Lastfällen
  • Definition einer Überlagerungsregel
  • Definition einer Bemessungsgruppe
  • Auswahl eines Bemessungsergebnisses

Anlegen eines neues Bauteils, Dokument

Beim Anlegen eines neues Bauteils innerhalb eines Projektes legen Sie fest, für welche Normen die Bemessung dieses Bauteils erfolgen soll. Sinn dieser Vorauswahl von Normen ist der, dass diese bei der Arbeit mit dem Programm bereits bekannt sind. Dadurch wird die Eingabe übersichtlicher, weil nur eine Untermenge aller Auswahlmöglichkeiten angeboten werden müssen. Dadurch wird zum Beispiel der Dialog für die Materialauswahl übersichtlicher.
Sollte sich später herausstellen, dass zusätzliche Normen berücksichtigt werden müssen, so können diese leicht nachträglich hinzugefügt werden.

Auswahl eines Materials

Für jedes Tragwerksteil innerhalb eines Bauteils (einzelner Balken, einzelner Plattenbereich...) muss das zu verwendende Material festgelegt werden. Im Dialog zur Auswahl eines Materials werden alle zu den eingestellten Normen passenden Materialien angeboten. Aus diesen kann das gewünschte Material ausgewählt werden. Sollte das benötigte Material nicht bereits vorliegen, so kann die Liste um neue Materialien erweitert werden.

Das ausgewählte Material enthält alle sowohl für die Schnittgrößenermittlung als auch für die Bemessung notwendigen Materialkennwerte. Dazu gehören zum Beispiel der E-Modul sowie das spezifische Gewicht. Da diese beiden Angaben für die Schnittgrößenermittlung benötigt werden, liegen entsprechende Daten für jedes Material vor.

Andere Parameter sind von der ausgewählten Norm abhängig.

Die Materialkennwerte enthalten auch die Sicherheitsbeiwerte der Widerstandsseite.

Wurde zuvor bereits einmal ein Material ausgewählt, so ist eine erneute Auswahl nicht notwendig. Das Programm schlägt in diesem Fall das zuletzt ausgewählte Material automatisch vor.

Auswahl eines Querschnittes

Neben dem Material muss für jedes Tragwerksteil auch ein Querschnitt definiert werden. Das Programm verfügt über eine sehr umfangreiche Bibliothek verschiedenster Querschnitte. Dazu gehören zum Beispiel auch alle gängigen Stahlprofile sowie die wichtigsten Formen an Betonprofilen.

Welche der Profile angeboten werden, ist von den eingestellten Normen abhängig. Wurde zum Beispiel eine Norm aus dem Holzbaubereich ausgewählt, so werden auch nur passende Holzquerschnitte angeboten.

Die angezeigten Profile sind vom Material der einstellten Norm abhängig. Wenn Sie beispielsweise innerhalb einer Holzkonstruktion Zuggurte aus Stahl definieren möchten, dann muss sowohl die passenden Holz-Norm als auch eine Stahl-Norm eingestellt sein.

Auswahl der Bemessungsparameter

Neben dem Material und dem Querschnitt existieren weitere Parameter, die die Bemessung beeinflussen. Dies sind z.B. bei der Betonbemessung:
  • Biegebemessung als Biegeglied oder als Druckglied
  • Schubbemessung als Platte oder als Balken
  • Neigung der Druckstreben
  • ...
Diese Parameter müssen ebenfalls für jedes Tragwerksteil festgelegt werden. Diese Parameter sind jedoch mit Standardwerten belegt, sodass eine Eingabe hier im Normalfall nicht erforderlich ist.

Definition eines Lastfalls

Jede Einwirkung muss einem Lastfall zugeordnet sein. Lastfälle fassen also Lasten in Gruppen zusammen. Ein Lastfall ist die kleinste Einheit, für die Berechnungsergebnisse ermittelt werden. In der Praxis werden immer Ergebnisse von Lastfallüberlagerungen benötigt. Bei einer Lastfallüberlagerung werden mehrere Lastfälle miteinander logisch verknüpft. Die Lastfallüberlagerung stellt also eine Regel für die Verknüpfung dar. Wie ein einzelner Lastfall in der Regel berücksichtigt wird - also welche Ergebnisse er produziert - hängt von seinem Typ ab.

Der Typ des Lastfalls wird durch seine 'Einwirkungsart' definiert. Diese Einwirkungsart kapselt drei Dinge:
  • Den Typ der Einwirkung (Ständig, Nutzlast...)
  • Die Sicherheitsbeiwerte
  • Die Kombinationsbeiwerte
Siehe auch: Einwirkungsarten

Eine einzelne Einwirkungsart ist norm-abhängig. Ein Lastfall kann aber für jede Norm eine andere Einwirkungsart besitzen. Dadurch wird der Lastfall selbst norm-unabhängig und kann bei mehreren Berechnungen nach unterschiedlichen Normen ohne Änderung verwendet werden.

Beispiel

Wird eine Bemessung nach EN 1992 durchgeführt, so werden für jeden beteiligten Lastfall die Norm-Parameter aus der Einwirkungsart für EN 1992 entnommen. Wird der gleiche Lastfall bei einer Bemessung nach EN 1993 verwendet, so werden die Norm-Parameter aus dessen Einwirkungsart für die EN 1993 entnommen.

Bei der Auswahl einer Einwirkungsart für eine spezielle Norm werden für die anderen Normen automatisch ähnliche Einwirkungsarten gesetzt.

Beispiel

Wenn Sie für einen Lastfall eine Einwirkungsart vom Typ "Wind von links" für die Norm EN 1992 auswählen, dann erhalten auch die anderen Normen eine Einwirkungsart von diesem Typ. Die in den einzelnen Einwirkungsarten enthaltenen Sicherheitsbeiwerte und Kombinationsbeiwerte unterscheiden sich aber von Norm zu Norm.

Definition einer linearen Überlagerungsregel

Während man in älteren Normen auch die Bemessung für Einzellastfälle durchführen konnte, muss bei Normen neueren Datums immer eine Bemessung für eine Kombination aus Lastfällen durchgeführt werden. Eine solche Kombination wird sowohl aufgrund von rein physikalischen als auch von norm-abhängigen Überlegungen gebildet. Die rein physikalischen Zusammenhänge beschreiben lediglich, welche Einwirkungen gleichzeitig mit welchen anderen Einwirkungen auftreten können. Die norm-abhängigen Komponenten definieren zusätzlich die Sicherheitsbeiwerte, Kombinationsbeiwerte und zu bemessende Situationen.

Eine lineare Überlagerungsregel beschreibt die rein physikalischen Zusammenhänge. Darum sind die Überlagerungsregeln - genau wie die Lastfälle - norm-unabhängig. Es ist also möglich, Überlagerungsregeln zu definieren, ohne die für die spätere Bemessung geplante Norm zu kennen. Mit anderen Worten: Die gleiche Überlagerungsregel kann für die Bemessung nach allen Normen verwendet werden.

Es gibt allerdings eine Ausnahme, in der die Regel nicht normunabhängig verwendet werden kann: Dies ist dann der Fall, wenn in der Regel einzelne Lastfälle zu "einem Leitlastfall" zusammengefasst werden müssen. Da die Einwirkungsarten leider von Norm zu Norm unterschiedlich sind, müssen für jede Norm verschiedenen Gruppen von "Gruppen von Leiteinwirkungen" definiert werden. Ist dies erforderlich, so müssen Sie auf hier für jede Norm eine eigene lineare Überlagerungsregel definieren.

Die Eingabe einer Überlagerungsregel ist nur dann erforderlich, wenn die einzelnen Lastfälle nicht auf einfache Art miteinander überlagert werden können. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn sich einzelne Lastfälle gegenseitig ausschließen. Wird keine Überlagerungsregel angegeben, wird eine Standardüberlagerung durchgeführt. Diese ermittelt die Extremwerte aus den ständigen und den veränderliche Lastfällen. In dieser automatischen Überlagerungeregel werden die Einwirkungen jeder Einwirkungsart normspezifisch zu "Einer Leiteinwirkung" zusammengefasst.

Betrachtet man eine lineare Überlagerungsregel in Bezug auf eine einzelne Norm, muss dabei immer die gewünschte Bemessungssituation beachtet werden. Die Bemessungssituation berücksichtigt zum einen, welche Lastfälle überhaupt überlagert werden müssen. Zum anderen legt sie die zu verwendenden Sicherheits- und Kombinationsbeiwerte fest. Bei neueren Normen wird z. B. zwischen "Grundkombination" und "außergewöhnlicher Kombination" unterschieden. Die DIN 18800-90 schreibt hier die "Grundkombination 1" und "Grundkombination 2" vor.

Welche Beiwerte für eine bestimmte Bemessungssituation vom Programm verwendet werden, können Sie auf dem Dialog zur grafischen Anzeige der linearen Überlagerungsregeln ersehen.

Definition einer Bemessungsgruppe

In einer Bemessungsgruppe wird festgelegt, für welche Überlagerungsregeln die Bemessung durchgeführt wird. Eine Bemessungsgruppe kann sowohl einzelnen Lastfälle als auch zuvor festgelegte Überlagerungsregeln enthalten. Für jeden Eintrag (Lastfall und/oder Überlagerungsregel) wird weiterhin die gewünschte Bemessungssituation festgelegt. Dies sind z.B. bei der EN 1992:
  • Grundkombination
  • Außergewöhnliche Kombination
  • Erdbeben
  • Seltene Kombination
  • Nicht häufige Kombination
  • Häufige Kombination
  • Quasi ständige Kombination
  • Kombination ohne Beiwerte
Bei der EN 1995 sind dies:
  • Grundkombination
  • Grundkombination mit kmod
  • Außergewöhnliche Kombination
  • Außergewöhnliche Kombination mit kmod
  • w,inst
  • w,net,fin
  • w,fin
  • Kombination ohne Beiwerte
Für jeden Eintrag (Lastfall und/oder Überlagerungsregel) in der Bemessungsgruppe wird die Bemessung einzeln durchgeführt. Bei einer Überlagerungsregel werden mehrere Berechnungen durchgeführt. Als Ergebnis wird dann lediglich der Maximalwert des gesuchten Ergebnisses (z.B. Aso) mit Angabe des Eintrags (Lastfall oder Überlagerungsregel mit der führenden Schnittgröße) ausgegeben.

Beispiel

Bei der Betonbiegebemessung gehen die 3 Schnittgrößen N, My und Mz in die Bemessung ein. In diesem Fall müssen intern folgende Berechnungen durchgeführt werden:
  • min N, mit den zugehörigen My und Mz
  • max N, mit den zugehörigen My und Mz
  • min My, mit den zugehörigen N und Mz
  • max My, mit den zugehörigen N und Mz
  • min Mz, mit den zugehörigen N und My
  • max Mz, mit den zugehörigen N und My

Auswahl eines Bemessungsergebnisses

Nachdem alle nötigen Eingaben vorhanden sind, kann einfach das gewünschte Ergebnis aus dem Ergebnisdialog ausgewählt werden. Hierzu muss bei den Schnittgrößen folgendes ausgewählt werden:
  • Norm
  • Situation
  • Überlagerungsregel
  • Bemessungsgruppe
  • Das eigentliche Ergebnis
Bei der Anzeige von Bemessungsergebnissen sind folgende Auswahlen zu treffen:
  • Norm
  • Bemessungsgruppe
  • Das eigentliche Ergebnis